Aktivitäten

Inspirationen durch den Ort

Am Vormittag des ersten Akademietages gingen wir hinauf zum Berghaus - der Ort, wo sich 1942 und 1943 die Gruppe "Kreisauer Kreis" dreimal zu informellen (damals: illegalen) Beratungen getroffen haben. Zusammen mit Annemarie Franke (Leiterin der Gedenkstätte Kreisau; Vorstand der Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung) und Klaus Prestele (bis Oktober 2011 Geschäftsführer der Kreisau-Initiative e.V., Berlin) diskutierten wir zu der Frage: "Spannungsverhältnisse im Dialog als Haltung: das Beispiel Kreisauer Kreis"

Die Gruppe war ja bewusst plural in ihrer Zusammensetzung und in ihren Überzeugungen angelegt - von jungen Adeligen, Konservativen, Katholiken, Protestanten bis hin zu Gewerkschaftern und Sozialdemokraten. Didaktisch spiegelt sich dieses zentrale Element auch bei den Führungen im Berghaus: in der Mittes des Raumes ein runder Tisch gebildet, zusammengetragen aus vier Teilen, die zu Beginn jeweils in einer der Ecken stehen.

„Das war die Stärke der Kreisauer Gruppe, dass da ein solches starkes Spannungsverhältnis bestand, obwohl sie eine gemeinsame Sache hatte; das macht die Gruppe für mein Gefühl auch heute noch interessant. Wenn alle das gleiche denken, setzen sie sich an einen Tisch und schreiben das auf; das ist nicht viel. Heute kommt es darauf an, dass Leute, die verschieden denken, miteinander sprechen. Ich möchte es so einfach sagen, und darin war die Kreisauer Gruppe hervorragend.“ (Freya von Moltke)

Vorträge

Christoph J. Schmidt Lellek, Frankfurt am Main

Überlegungen zu Vergebung und Versöhnung

 

Elzbieta Opilowska, Wroclaw

Versöhnungsarbeit zwischen Deutschen und Polen. Stationen eines Prozesses

 

Doris Gödl, Fribourg / Salzburg

Peace and Reconcialiation

von links nach rechts:

Christoph J. Schmidt-Lellek, Elzbieta Opilowska, Doris Gödl

Unser eigener künstlerischer Ausdruck des Themas

Am Nachmittag des ersten Akademie-Tages haben dem wir uns dem Thema von einer künstlerischen Perspektive aus angenähert. Licht und Schatten, Enge und Weite, Höhe und Tiefe, Spannung und Entspannung als Dimensionen von Streit und Versöhnung als unser eigener künstlerischer Ausdruck in Gruppen, jeweils unter professioneller Anleitung:

(1) Malerei

(2) Theaterpraxis

(3) Sprache - Diskussionen und Dialog

Die Bearbeitung des Themas mit unserem eigenen künstlerischen Ausdruck haben wir am Nachmittag des zweiten Akademie-Tages fortgesetzt. Dabei haben wir die Eindrücke, die wir am Vormittag bei den Gesprächen auf unseren jeweiligen Erkundungstouren mit ZeitzeugInnen gewonnen haben, in unser Arbeiten mit reingenommen.

Mehr dazu in den Menüleisten "Theaterpraxis", "Malerei" und "Sprache - Dialog".

Film - Lesung

Am Vorabend des offiziellen Beginns der Akademie haben wir uns zur Einstimmung den Film "Freya von Moltke zu Besuch in Kreisau" (Regie: Alexander Weisswange-Lehmann) angesehen. "Eine Dokumentation über Geschichte und Gegenwart Kreisaus. Im Mittelpunkt steht die beeindruckende Persönlichkeit von Freya von Moltke. Zum 60. Jahrestag des Attentats vom 20. Juli 1944 ist sie mit ihrem Enkel Daniel und dessen Frau Anja zu Besuch in Kreisau. Sie ist Ehrengast beim Künstlerischen Sommer und spricht mit Jugendlichen über ihre Erfahrung mit dem Kreisauer Kreis und ihren am 23. Januar 1945 hingerichteten Mann Helmuth James von Moltke."

 

Am Abend des ersten Akademie-Tages gingen wir noch einmal hinauf in das Berghaus. Dabei las Ingwer Jürgensen aus einem der letzten Briefe von Helmuth James von Moltke an seine Frau Freya, geschrieben am 10. und 11. Januar 1945 kurz vor seiner Hinrichtung.

"(...): ich bin so voll Dank, eigentlich ist für nichts anderes Platz. (...) Ich sollte wohl von Dir Abschied nehmen - ich vermag´s nicht; ich sollte wohl der Lasten gedenken, die jetzt auf Dich fallen - ich vermag´s nicht. Ich kann Dir nur eines sagen: wenn Du das Gefühl absoluter Geborgenheit erhälst, wenn der Herr es Dir schenkt, was Du ohne diese Zeit und ihren Abschluss nicht hättest, so hinterlasse ich Dir einen nicht konfiszierbaren Schatz, demgegenüber selbst mein Leben nicht wiegt. (...) Ich denke mit ungetrübter Freude an Dich und die Söhnchen, an Kreisau und all die menschen da; der Abschied fällt mir im Moment gar nicht schwer. (...)  

Abschiedsbriefe_Helmuth_James_von_Moltke_10_11_01_1945
Abschiedsbriefe_Helmuth_James_von_Moltke
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Erkundungen - Gespräche mit Beteiligten / Kundigen des deutsch-polnischen Versöhnungsprozesses

TeilnehmerInnen vor dem Rathaus in Wroclaw
TeilnehmerInnen vor dem Rathaus in Wroclaw

 

Am Vormittag des zweiten Akademietages haben wir uns zu Erkundungen aufgemacht, in drei Gruppen, zu Gesprächen mit Beteiligten / Kundigen des deutsch-polnischen Versöhnungsprozesses, jeweils vor Ort bei ihnen zu Hause.

 

 

Ein Gruppe fuhr nach Wroclaw (Breslau), um dort im Hause der Familie Caplinski mit folgenden Kundigen intensiv, aus der jeweiligen persönlichen Erfahrung und Biographie heraus, in den deutsch-polnischen Versöhnungsprozess einzutauchen:

* Wanda Czaplinska - war schon sehr früh mit ihrem Mann in den sechziger Jahren im Klub der katholischen Intelligenz - KIK - in Wroclaw (Breslau) aktiv;

* das Ehepaar Malgorzata und Wladyslaw Narkiewicz (ebenfalls im KIK engagiert).

 

Eine zweite Gruppe fuhr ins Glatzer Bergland und traf sich dort mit Renata Czaplinska, eine dagebliebene Deutsche, mit einem Polen verheiratet. Die dritte Gruppe fuhr nach Mirsk und sprach dort mit Chris Schmitz, ein ehemaliger Mitarbeiter der Stiftung Kreisau, lebt seit ca. 15 Jahren in Polen, arbeitet heute als Öko-Landwirt.

Instrumente der Versöhnung

Am Vormittag des dritten Akademietages widmeten wir uns folgender Frage: "Wie funktionieren Instrumente der Versöhnung?"

 

Dazu hatten wir zu folgenden Instrumenten schriftliche Unterlagen und Dokumente auf- und vorbereitet:

* Freiwilligendienste

* Jugendaustausch

* Internationale Tribunale und Gerichte

* Supranationale Netzwerke und Organisationen (EU, UNO)

* Städtepartnerschaften

Diese Unterlagen und Dokumente standen in unterschiedlichen Räumlichkeiten zur Verfügung, sodass wir von einem Raum zum anderen wanderten, und dabei untereinander wie in einem Café zu den einzelnen Instrumenten ins Gespräch kamen.

 

In einer zweiten Runde konnten wir mit Kundigen im Gespräch und in der Diskussionen einzelne Instrumente noch einmal zusätzlich vertiefen:

* Freiwilligendienste (mit Alexander Mayer)

* Jugendaustausch (mit Klaus Prestele)

* Internationale Tribunale und Gerichte (mit Doris Gödl)

Europäisches Erzähl-Café in der Akademie

Ihren Abschluß fand auch diese Akademie im Europäischen Erzählcafé; am Nachmittag des dritten Akademietages. Dabei haben wir unsere persönlichen Erfahrungen und Erlebnisse zu folgenden Fragestellungen ausgetauscht:

(1) Wir erzählen uns zu Versöhnung und Versöhnungsprozesse aus eigener Erfahrung

(2) Wo ist in deinem Umfeld die schattigste Seite Europas? Und wer tut da was? 

"Stellen Sie sich vor, man setzt heute einen Deutschen, einen Briten, einen Tschechen und einen Spanier um den Tisch und lässt die Geschichten ihrer Familien erzählen. Da begreifen wir doch etwas voneinander. Längst nicht alles, denn wir sind ja unterschiedlich. Aber beim Erzählen und Zuhören können wir doch wieder normale Menschen werden." (Geert Mak, holländischer Journalist, Autor des Buches "In Europa", Träger des Leipziger Buchpreises zur europäischen Verständigung 2008).

"Ich träume von einem europäischen Kaffeehaus, vom großen Tisch, an dem sie sitzen, die Europäer. Einander zuhören und im Labyrinth der Wörter, der Wege und Bilder, in all den verschlungenen Linien das eigene Gesicht erkennen." (Geert Mak)