Vorträge

Leonhardt Neidhart, emeritierter Professor für Politikwissen-schaften, Universität Konstanz

Was ist das Besondere der Demokratie in der Schweiz?

 

(einige Punkte, stichwortartig aus der eigenen Erinnerung angeführt; KP)

* die Demokratie ist in der Schweiz schon vor der Einführung der menschenrechte entstanden

* die Schweiz ist zu beginn eine Art Zusammenschluss von genossenschaftlichen Talgemeinschaften

* die Schweiz ist eine Art Union souveräner Staaten (Kantone)

* direkte Demokratie bedeutet nicht nur die ständige Einbeziehung des Souveräns, dh. der Wählerinnen und Wähler; zugleich muss die unterlegene Partei (dank der ständigen Volksabstimmungen kann das in kurzer zeit mehrmals sein) muss die Mehrheitsentscheidung akzeptieren

Andreas Gross, Abgeordneter der SP im Schweizer Nationalrat und Mitglied im Europarat

Direkte Demokratie versus repräsentative Demokratie: was hat die Schweiz Europa anzubieten?

 

(einige Punkte, stichwortartig aus der eigenen Erinnerung angeführt, KP)

* wenn der Souverän nicht über direkte Entscheide miteinbezogen wird, verliert die Politik insgesamt Legitimität

* Direktentscheidung verbessern die Qualität der Gesetzgebung im Voraus (da der Gesetzgeber immer die Möglichkeit einer Volksabstimmung mitdenken muss: hält dabei das Gesetz je oder nein?

* Direkte demokratie erfordert unbedingte Medienvielfalt und eine starke, kontinuierliche (auch vom Staat geförderte) politische Bildungsarbeit

Justus Schönlau, Brüssel, politischer Referent in der Fraktion sozialistischer parteien im Ausschuss der Regionen

Welche Form der Demokratie ist Europa heute angemessen?

 

Demokratie für Wen? - grundlegende Probleme für Europa, die EU, aber auch für andere demokratische Strukturen

 

Ist Demokratie eine Frage des Maßstabs? (=bezogen auf Europa: ist die `zu groß´ für die Demokratie - oder nur für eine bestimmte Form von Demokratie?)

Welches ist die `natürliche´ Bezugseinheit? Wirklich vorgegeben sind nur das Individuum und die Menschheit insgesamt - alle Einteilungen dazwischen sind mehr oder minder zufällig

 

Damit verbunden (und die Grundfrage der repräsentativ-demokratischen Debatte):

Wer darf für mich entscheiden - wem vertraue ich `genug`, dass ich meine Handlungs- und Entscheidungsrechte zumindest zeitweise auf andere übertrge bzw. mich der `Gefahr`aussetze, im Interesse der Gemeinschaft überstimmt zu werden?

 

EU-spezifisches Problem der ERwartungen und Enttäuschungen:

1. die EU regelt Kleines zu groß und Großes zu klein

2. die EU regelt Weiches zu hart und Hartes zu weich

3. die EU bewegt sich oben zu schnell und unten zu langsam

Frage ist nur: wessen Schuld ist das, bzw. wer könnte und sollte das ändern? WIR sind Europa - nicht DIE!

 

Ausblick: neue Kultur und neue Verfahren?

Ein teil europäische Demokratiewirklichkeit entsteht über die Zeit von selbst - aber es dauert (vielleicht zu) lange. Aber: EU eignet sich als Experimentierfeld für neue Ideen, gerade WEIL sie als demokratisches System so neu und unvollkommen ist - die Nationalstaaten haben mittelfristig ein viel größeres Problem b- deshalb merkt man in globalen Krisen auch immer so schnell die national(istisch)en Reflexe - das kann für die EU auch noch gefährlich werden!

Demokratie auf europäischer Ebene
Akademie_an_der_Grenze_ Mai_2011_Schönla
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Michael Petras, Leiter des Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung Bratislava

Entwicklungslinien der Demokratie in mehreren europäischen Ländern (Tschechien, Slowakei, Ungarn, Österreich, Deutschland)

 

 (1) Transformation ist eigentlich eine "success story" - alle drei MOE-Länder sind erfolgreichaufgebaute parlamentarische Demokratien mit reibungslosen Übergang der Regierungsgewalt von einer politischen Garnitur auf die andere; formal also einwandfreie Demokratien mit ständiger Weiterentwicklung der demokratischen Strukturen

(2) neue MOE_Demokratien haben auch gezeigt, dass sie sich mit autoritären und populistischen "Abnormitäten" erfolgreich auf demokratischen Wege auseinandersetzen können (aber auch in sie auf demokratischem Weg wieder geraten)

(3) Demokratisierung Osteuropas ist demnach kein linearer Prozess, eher eine widersprüchliche Entwicklung (Rätsel mit offenem Ende - Szomolányi)

(4) die demokratie in den drei Ländern (CZ, SK, HU) oder eher ihre Verwurzelung in der Gesellschaft ist anders als in traditionellen Demokratien

Entwicklungslinien europäischer Demokratien (CZ, SK, HU, AUT, GER)
Monte_Verita_Petras.pdf
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Christoph J. Schmidt-Lellek, Frankfurt am Main

Populismus - eine kitschige Form der Demokratie?

 

1. Was ist Kitsch? Annäherungsversuche im Kontext der Kunst

1.1. Kitsch als Täuschung

(1) Täuschung durch Schönung

(2) Täuschung durch Spannungsfreiheit

(3) Vortäuschung nicht vorhandener Gefühle

1.2. Kitsch als Ausdruck regressiver Sehnsüchte

1.3. Kitsch als Ausdruck verlorener Authentizität

2. Populismus als Kitsch

Populismus - eine kitschige Form der Demokratie?
Schmidt-Lellek-Populismus als Kitsch.pdf
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